Heute erzählte mir ein Klient (ich nenne ihn "Bernd"), dass ihm selbst auffällt, dass er ständig seinen Partner ("Tom") kritisiert. Er fragt sich, warum er das tut, obwohl er ihn liebt und schätzt. „Warum kann ich ihn nicht einfach so sein lassen, wie er ist?“, fragt er sich.

Wenn Kritik nach Nähe ruft – Was hinter Vorwürfen wirklich steckt
Vielleicht kennst du das: Du bist häufig deinem Partner gegenüber kritischer, als du es bei anderen wärst. Jeder kleine Fehler fällt dir auf – und manchmal fragst du dich: Warum reagiere ich so empfindlich?
Das ist völlig natürlich. Denn in einer Beziehung sind deine Erwartungen und deine Gefühle stärker. Genau deshalb spürst du Unstimmigkeiten tiefer – oft, weil du dir Nähe, Sicherheit oder mehr Gemeinsamkeit wünschst.
Hinter Kritik steckt häufig kein Angriff – sondern ein versteckter Ruf nach Verbindung.
In der Emotionsfokussierten Therapie (EFT) sehen wir Kritik nicht als das Problem – sondern als ein Signal. Denn Kritik entsteht oft, wenn sich jemand einsam, überfordert oder nicht gesehen fühlt.
Kritik ist ein Schutzmechanismus – aber darunter liegt eine Sehnsucht:
Vielleicht nach mehr Unterstützung.
Vielleicht nach mehr Nähe.
Vielleicht nach dem Gefühl, zusammen ein Team zu sein.
Ein Beispiel aus der Praxis: Bernd & Tom
Bernd und Tom stecken in einem typischen Muster:
Bernd kritisiert häufig: „Immer muss ich alles alleine planen!“
Tom zieht sich zurück: „Egal, was ich vorschlage – es passt dir sowieso nicht.“
Beide fühlen sich frustriert – und beide haben gute Absichten:
Bernd möchte sich unterstützt fühlen – aber seine Kritik kommt als Angriff an.
Tom möchte Harmonie – aber sein Rückzug verstärkt Bernds Gefühl, allein zu sein.
Das Ergebnis: Sie drängen sich gegenseitig in die Ecke – obwohl beide im Kern dasselbe wollen: Gesehen werden. Gehört werden. Geliebt werden.
Was EFT in diesem Konflikt sichtbar macht:
In einer EFT-Sitzung würde man sehen, dass hinter Bernds Kritik und Toms Rückzug Gefühle stehen, die beide bisher verborgen haben:
Bernd fühlt sich alleingelassen – und wünscht sich, dass Tom aktiver am gemeinsamen Leben teilnimmt.
Tom hat Angst, es Bernd nie recht machen zu können – und zieht sich zurück, um Konflikte zu vermeiden.
Das Muster ist nicht das Problem – die fehlende Verbindung darunter ist es.
Wie ein neuer Dialog Nähe schafft:
Statt Kritik und Rückzug könnten Bernd und Tom lernen, ihre Gefühle ehrlich und verletzlich auszudrücken:
Bernd: „Ich fühle mich manchmal überfordert, wenn ich unsere Aktivitäten alleine plane. Mir ist es wichtig, dass wir das zusammen machen – weil es mir zeigt, dass wir beide unsere gemeinsame Zeit wertschätzen.“
Tom: „Ich habe Angst, Pläne zu machen, weil ich befürchte, es dir nicht recht machen zu können. Aber ich sehe, dass mein Rückzug dich belastet. Mir ist es wichtig, dass wir uns beide unterstützt fühlen. Lass uns gemeinsam überlegen, wie wir das besser angehen können.“
Was passiert, wenn sich beide wirklich sehen:
Nach einem solchen Austausch könnte Bernd erkennen, dass er die Planung eigentlich gerne übernimmt – wenn er sich wertgeschätzt fühlt. Oder Tom könnte Freude daran finden, seine eigenen Ideen einzubringen, weil er spürt, dass es nicht um Perfektion geht – sondern um Verbindung.
Der Unterschied: Sie streiten nicht mehr um Aufgaben – sondern sprechen darüber, was diese Aufgaben für ihre Beziehung bedeuten.
Was du für deine Beziehung mitnehmen kannst:
Wenn du dich selbst dabei ertappst, häufig zu kritisieren – halte kurz inne:
Was fühlst du wirklich – hinter deiner Kritik?
Was wünschst du dir eigentlich? Mehr Nähe? Mehr Unterstützung? Mehr Miteinander?
Denn oft steckt hinter „Warum hilfst du nie?“ eigentlich „Ich wünsche mir, dass wir das gemeinsam tun.“
Und hinter „Du machst immer alles falsch“ steckt „Ich möchte, dass du mich siehst – und dass dir unsere Beziehung genauso wichtig ist wie mir.“
Wie Kritik Verbindung schaffen kann:
Wenn ihr lernt, nicht nur das Verhalten – sondern die Bedeutung dahinter zu sehen, verändert sich alles:
Aus Vorwürfen wird Verständnis.
Aus dem Rückzug wird Nähe.
Aus Kritik wird ein Ruf – und aus diesem Ruf eine Brücke.
Wann EFT euch helfen kann:
Wenn ihr merkt, dass ihr immer wieder in dasselbe Muster fällt – und alleine nicht herauskommt.
EFT hilft euch, das zu sehen, was hinter den Worten verborgen liegt:
Eure Ängste.
Eure Bedürfnisse.
Eure tiefste Sehnsucht nach Verbindung.
Und genau da – jenseits der Kritik – beginnt die Nähe, nach der ihr euch beide sehnt.
Comentarios